Die zweifelhafte Validität forensischer Schriftvergleichung
bei Unterschriftenfälschungen
Der hier zum Download bereitgestellte Schriftsatz über die zweifelhafte Validität forensischer Schriftvergleichung bei Unterschriftenfälschungen ist das Ergebnis der Auseinandersetzung mit dieser Problematik im Zusammenhang mit einem Prozess vor dem Landgericht Leipzig (AZ 15 O 1187/06). Dabei spielten zwei Schriftstücke eine Rolle, deren Unterschriften gefälscht waren. Eine vom Gericht bestellte Gutachterin kam jedoch zu dem Ergebnis, die strittigen Unterschriften seien authentisch. Wie sich herausstellte, beruhte dieses Ergebnis lediglich auf der subjektiven Einschätzung graphischer Komponenten der Schriftzüge durch Augenschein ohne jeden Ansatz einer quantitativen Befunderhebung. Massgeblich für oder gegen die Authentizität von Signaturen sei der Umstand, inwieweit die Merkmalsausprägungen mit der Annahme der Authentizität einer strittigen Signatur »erklärbar« sind.
Anhand der Methodik und der Argumentation des vorliegenden Gutachtens lässt sich zeigen, dass dieser Ansatz den Deutungsspielraum der Befundbewertung fast bis zur Beliebigkeit erweitert, sofern das Material ausschliesslich aus Unterschriften besteht und keine Ansatzpunkte für eine physikalische, chemische oder material–technische Untersuchung besitzt. Die Begutachtung beschränkt sich in diesem Fall auf eine rein visuelle Schriftvergleichung. Das hier erörterte Gutachten wurde von Frau Dr. G. Bromm vom M.S.U. Mannheimer Schrift‐ und Urkundenlabor Dr. Bromm und Müller‐Partnerschaft erstellt. Da die Gutachterin ausserdem als Mitglied des Instituts für Schrift‐ und Urkundenuntersuchung (ISU) e.V. in Forschung und Lehre tätig ist, darf man annehmen, dass die methodische Vorgehensweise der Lehrmeinung des Fachgebietes der forensischen Schriftvergleichung entspricht.
Wenngleich die Validität schriftvergleichender Untersuchungen im juristischen Schrifttum mehrfach infrage gestellt wurde, ist eine substantielle Auseinandersetzung mit der Problematik nicht auffindbar. So dürften Betroffene derartigen Gutachten meist hilflos gegenüberstehen. Natürlich gibt es in Anbetracht der Vielfalt handschriftlicher Ausprägungen kein allgemeingültiges Rezept, um Gutachten dieser Art anzufechten. Deshalb kann dieser Beitrag lediglich Anhaltspunkte aufzeigen, anhand welcher Kriterien sich die Plausibilität der Befunde und die Objektivität der Befundbewertung derartiger Schriftexpertisen abschätzen und gegebenenfalls in Zweifel ziehen lässt. Zumindest bei Unterschriften und allemal dann, wenn sie nur einen schwachen Buchstabenbezug haben, gibt es guten Grund, die Validität von Schriftvergleichungen prinzipiell zu bestreiten. Als Beweismittel sollten sie deshalb allenfalls einen nachrangigen Stellenwert erhalten.
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